Teilen – aber wie?

Es ist ja eine traurige Tatsache in Ägypten: Wer an der Macht ist, haut seinem Gegner erst mal so richtig eins über die Rübe. Das war bei den Moslembrüdern so, und das scheint inzwischen bei der herrschenden Regierung auch nicht anders zu sein. Es sind ja nicht nur die Moslembrüder, die Prügel beziehen, sondern auch die, die drei Jahre nach dem Sturz von Hosni Mubarak fürchten, dass das alte Regime in Form einer Militärdiktatur zurückkommt.

Auch die ägyptischen Goldminen gehören zum Wirtschaftsimperium der Armee. Foto: psk

Auch die ägyptischen Goldminen gehören zum Wirtschaftsimperium der Armee. Foto: psk

Genau diesen Satz hört man nun immer öfter. Aber im Grunde ist er unsinnig. Wenn wir das Rad der Geschichte um drei Jahre zurückdrehen, dann stellt sich die Sache doch ganz, ganz anders dar. Mubarak wurde ja nicht deshalb gestürzt, weil man einen blutigen Militärdiktator beseitigen wollte. Es ist ja auch eine schlecht abzuleugnende Tatsache, dass der absolut größte Teil der Ägypter mit den ersten 20 der knapp 30 Regierungsjahre von Mubrak ganz zufrieden waren. Der Aufruhr begann doch erst, als die Familie Mubarak in Gestalt von Frau Suzanna und Sohn Gamal versucht hatte, den Staat zur persönlichen Beute zu machen. Das war dann selbst im Bakschisch-Wunderland Ägypten zu viel des Guten. Und weil das in Tunesien so gut geklappt hatte, machte man kurzerhand eine Revolution und fegte den Alten hinweg.

War das so? Am Ende war es der Oberste Militärrat (SCAF), der Mubarak förmlich auf seinem Stuhl in den Hubschrauber tragen musste. Und der SCAF übernahm dann praktischerweise auch gleich mal die Regierung. Es ist schon ziemlich erstaunlich, dass die Welt vor drei Jahren nicht von einem Militärputsch gesprochen hat. Die Begründung war ja einfach: Das Militär hatte schließlich nur den Willen der Millionen auf dem Tahrirplatz exekutiert (das darf jetzt jeder verstehen, wie er mag).

Komischerweise standen zweieinhalb Jahre später noch viel mehr Millionen auf der Straße. Mursi wurde auch nicht von den Militärs gedrängt, sein Amt aufzugeben. Der Präsident hatte sich aus Angst vor der Armee in eine Kaserne der Republikanischen Garde geflüchtet, die ihn dann einfach nicht mehr raus ließ. Im Gegensatz zum Machtwechsel 2011 hatte das Militär keine Sekunde lang die Macht in Händen. Trotzdem spricht man bei den Ereignissen von Juni und Juli 2013 von einem Militärputsch. Da versteh einer die Welt.

Im Prinzip ist es aber schon richtig. Das Militär bleibt ein Staat im Staat und bestimmt letztlich, wo es in Ägypten langgeht, politisch und wirtschaftlich. Da der glorreichen ägyptischen Armee auch fast die Hälfte des Landes gehört, könnte man ja fast schon von einem Mehrheitsentscheid sprechen. Aber Spaß bei Seite. Tatsächlich gilt diese große Ansammlung vor allem der wirtschaftlichen Macht beim Militär, als eines der größten Probleme des Landes. Und die Lösung klingt ja so einfach. Das Militär soll sich doch bitte von seinen Nudelfabriken, Mineralwasserbrunnen, Tankstellen, Klopapiermanufakturen, Reisebüros, Aluminiumwerken, Keramikbetrieben und all dem anderen Plunder trennen, der 44 Prozent des Bruttosozialproduktes erwirtschaftet. Ist ja auch klar, Nudel- und Klopapierhersteller in Ägypten, die nicht auf unbezahlte Wehrpflichtige als kostenlose Arbeitskräfte zurückgreifen können, haben auf dem Markt von Nudeln und Klopapier einen denkbar schlechten Stand.

Doch nun mal die Gegenfrage: Was würde denn mit Ägypten passieren, wenn morgen früh General Fatah al Sisi erwachen würde und sein erster Gedanke wäre: „Weg mit dem ganzen Schrott, wir verkaufen oder verschenken jetzt einfach alles!“? Natürlich muss das Militär teilen – alleine die Formel fürs verantwortungsvolle Verteilen muss erst einmal gefunden werden. Es ist natürlich einfach, die Missstände in Ägypten zu benennen. Das kann so ziemlich jeder, der sich nur ein klein wenig mit dem Land beschäftigt hat. Aber ich habe andererseits noch keinen einzigen Menschen erlebt, der auch nur ansatzweise so etwas wie eine Lösung angeboten hätte.

Natürlich muss sich das Militär von seinem Wirtschaftsimperium trennen. Aber wie soll es das tun, ohne dass in Ägypten der ganze Laden endgültig zusammenbricht? Vielleicht erinnert sich ja noch der eine oder andere daran, als die alte Bundesrepublik 1990 die Industrieparks der angeblich siebtgrößten Volkswirtschaft der Welt übernommen hatte. Am Aufbau Ost werkelt Deutschland inzwischen seit 25 Jahren herum – und das mit der wirtschaftlichen Potenz Westdeutschlands im Rücken. Wer würde denn Ägypten helfen, wenn die Militärs die Firmen auf den Markt werfen würden? Die Saudis? Das kann ernsthaft niemand wollen.

Was soll man davon halten?

Zugegeben, 98,1 Prozent Zustimmung für eine Verfassung ist ein Ergebnis, das einen als aufrechten Demokraten nachdenklich werden lässt. Solche Ergebnisse wecken stets eine Erinnerung an Zeiten, in denen demokratische Prozesse in Deutschland lediglich als fades Deckmäntelchen dienten. Allerdings wäre es jetzt auch wieder zu einfach, zu sagen, die ägyptischen Generäle hätten nur so zum Schein über einen irrelevanten Verfassungsentwurf abstimmen lassen. Wie immer liegen die Dinge in Ägypten weit komplizierter.

Nicht die Zustimmung, sondern die Anzahl der Wähler sei die entscheidende Größe bei diesem Votum, hatte es schon vor Wochen geheißen. 38,6 Prozent waren an die Wahlurnen gegangen. Erstaunlich, wenn man die Bilder von den langen Schlangen vor den Wahllokalen in Kairo gesehen hat, wo die Menschen oft bis in die späten Abendstunden anstehen mussten. Aber auch das zeigt einmal mehr: Kairo und Alexandria sind eben nicht Ägypten. Je weiter es nach Süden ging, desto geringer wurde die Wahlbeteiligung. Ist ja kein Wunder, mag nun der geneigte Ägyptenkenner zu bedenken geben, denn Oberägypten ist ja auch Moslembrüder-Land. Ja, ja, es ist schon richtig, dass die Moslembrüder zum Wahlboykott aufgerufen hatten. Aber als sie über ihre eigene Verfassung abstimmen ließen, war die Wahlbeteiligung noch viel miserabler.

Die höchste Wahlbeteiligung überhaupt gab es in Ägypten beim zweiten Durchgang um die Präsidentschaftswahlen. Da lag sie bei 51 Prozent, und es kam zum Showdown zwischen Mursi und Shaffik. Nun gibt es durchaus Menschen, die einfach deshalb an der Demokratiefähigkeit Ägyptens zweifeln, weil die Wahlbeteiligung seit drei Jahren notorisch niedrig ist. Kann das ein Kriterium sein? Nur mal ein Beispiel: In der Schweiz, dem Hort der direkten Demokratie, hat es seit fast 40 Jahren keine Wahl zum Parlament mehr gegeben, in der die Wahlbeteiligung über 50 Prozent lag.

Trotzdem: Das Referendum ist für die provisorische Regierung und General Fatah al Sisi Sieg und Niederlage zu gleich. Es gelang eben nicht, wie erhofft mindestens mehr als die Hälfte der Bevölkerung zu mobilisieren. Andererseits gab es noch in keiner Verfassung Ägyptens soviel Bürgerrechte und Minderheitenschutz. Doch diese Freiheit wiederum findet ganz schnell ihre Grenzen im Willen des Militärs.

Fazit: Ägypten hat eine gute Verfassung, und wenn die Militärs von ihren eher freiheitsfeindlichen Rechten, die ihnen dieser Verfassung gewährt, möglichst wenig Gebrauch machen, dann wird die Regierung auch das Vertrauen von jenen gewinnen, die dieses Mal nicht zur Wahl gegangen sind. Auch wenn viele dem Militär misstrauen – und es hat in den Wochen vor dem Referendum durchaus Anlass dazu gegeben – so ist die jetzt gebilligte Verfassung per se nicht schlecht, aber eben auch nur ein erster Schritt auf einem langen Weg.

Wer die Wahl hat

So ganz sicher bin ich mir nicht, ob er mich nicht einfach nur testen wollte. Jedenfalls fragte mich mein Fahrer am Samstagabend, ob und was er denn wählen solle. Das wunderte mich schon ein wenig, denn in den letzten zehn Tagen hatte ich ihn nicht nur als überaus pünktlich, sondern auch als recht reflektiert kennengelernt. Mursi hält er für übel, und wenn es einer richten kann, dann wird es wohl Abdel Fatah al Sisi sein. So denken viele Ägypter, vor allem an der Küste, wo seit nun drei Jahren die Touristen fehlen.

Ich antwortete dem Fahrer, dass es ganz wichtig sei zu wählen, schon deshalb, weil dieses Mal die Reihenfolge richtig sei: Erst eine Abstimmung über die Verfassung und dann erst die Wahl des Parlaments. Diese Einschätzung nahm er nachgerade begeistert auf und versprach natürlich, wählen zu gehen – und für die Verfassung zu stimmen.

Hätte die richtige Reihenfolge etwas an dem Ablauf der Geschichte geändert? Ich glaube schon. Dadurch, dass vor zwei Jahren ein Parlament gewählt wurde, das anschließend eine Verfassung verabschieden sollte, konnten sich die Islamisten ihre Konstitution praktisch zurechtzimmern. Eine bereits bestehende Verfassung hätte Moslembrüder und Salafisten möglicherweise Zügel anlegen können.  Nun haben alle gesellschaftlich relevanten Gruppen mit Hand angelegt, um eine neues Grundgesetz zu entwerfen. Es ist nun deutlich demokratischer, weniger auf Religion zugeschnitten und gewährt Minderheiten mehr Schutz und Rechte. Der berühmt-berüchtigte Paragraph 2, der schon unter Anwar al Sadat in »Koran und Scharia sind die Quelle des ägyptischen Rechts« geändert wurde, wurde wieder auf die Nasser-Zeit zurückgefahren, als nur von »einer Quelle des ägyptischen Rechts« die Rede war.

Positiv ist sicher auch zu bewerten, dass die Präsidentschaft auf zwei Amtszeiten beschränkt ist. Eine Dauerherrschaft wie die von Hosni Mubarak sollte also nicht mehr drohen.

Insgesamt wird die Verfassung auch im stets kritischen Westen als demokratischer Fortschritt gewertet. Allerdings gibt’s da ja noch die Passagen, die das Militär stärken. Da hat sich jedoch auch nicht so viel geändert. Das Militär bestimmt selbst den Verteidigungsminister, was allerdings nichts Neues ist. Es bleibt auch dabei, dass der Vertedigungshaushalt geheim bleibt und weder Parlament noch Regierung reinreden können. Neu sind allerdings die Militärtribunale, die nun auch Zivilisten aburteilen können, und das ist dann doch ein herber Wermutstropfen in einer sonst sehr demokratisch anmutenden Verfassung.

Es steht wohl außer Zweifel, dass die Verfassung angenommen wird. Manche rechnen sogar mit einer Zustimmungsrate von 80 Prozent. Soviele werden es vielleicht nicht werden. Problematisch ist vielmehr die Wahlbeteiligung. Bei den letzten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen gingen gerade einmal rund 40 Prozent der Ägypter an die Wahlurnen. Wären es bei der Verfassungsabstimmung wieder weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten, wäre dies eine herbe Niederlage für die Übergangsregierung, den »Rat der 50«, der die Verfassung ausgearbeitet hat, und vor allem für den starken Mann al Sisi.

Die Auslandsägypter haben bereits abgestimmt und stehen zu etwa 90 Prozent hinter der neuen Verfassung. Allerdings haben nur rund 20 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Ob sich das auf das ganze Land übertragen lässt, ist jedoch fraglich.

Doch egal, wie das Referendum ausgeht, eines ist jedenfalls sicher: Die Ägypter haben sich eine neue Verfassung gegeben, und sie stimmen darüber ab. Das haben nach den Wochen im Sommer viele Kritiker bezweifelt. Schade ist allerdings, dass sich der »Rat der 50« nicht mehr Zeit nehmen konnte. Die USA lebten immerhin elf Jahre ohne ihre Constitution. Die Väter und Mütter des deutschen Grundgesetzes hatten mehr als ein halbes Jahr Zeit. Dass ausgerechnet diese beiden Länder Ägypten in Sachen Verfassung zur Eile mahnten, ist dann schon ein wenig seltsam.

Das Referendum über die neue Verfassung wird ein wichtiger Schritt in Richtung Demokratie sein. Wie groß dieser Schritt sein wird, das hängt jetzt davon ab, wieviele Menschen in die Wahllokale gehen. Rund 50 Millionen Ägypter sind wahlberechtigt. Anfang Juli gingen angeblich 30 Millionen auf die Straße, um gegen Mursi zu demonstrieren. Wenn die jetzt alle wählen gingen, läge die Wahlbeteiligung bei 60 Prozent. Und damit könnten sie in Ägypten schon ganz gut leben.

Die Mär vom Militärputsch

Es war ein faszinierender Abend in der Berliner Urania. Eingeladen hatte der ägyptische Botschafter Mohamed Hagazy zu einem Konzert des Light-and-Hope-Orchestra. Das besondere an diesem Symphonieorchester ist: Es besteht aus 50 blinden Frauen aus Ägypten. Ohne Notenblätter und ohne einen Dirigenten am Pult ein zweistündiges Konzert zu geben, ist schon eine ganz erstaunliche Sache.

Das Light-and-Hope-Orchestra in der Berliner Urania. Foto:psk

Das Light-and-Hope-Orchestra in der Berliner Urania. Foto: psk

Es hätte eine dieser positiven Nachrichten sein können, die Ägypten so dringend braucht. Doch natürlich wurde auch an jenem Abend vor der Urania von einer Handvoll Demonstranten gegen den vorgeblichen Militärputsch protestiert. Einer hatte es auch in den Saal geschafft, und es ist ihm hoch anzurechnen, dass er das wunderbare Konzert nicht gestört hat. Nach dem frenetischen Applaus und den Standing Ovations schaffte es der Demonstrant auf die Bühne – und bedankte sich zunächst sehr lautstark für das schöne Konzert, lobte Ägypten. Da schallte ihm noch ein vielstimmiges, wenn auch leicht verwirrtes „Shukran“ entgegen. Als er aber dann auf die 50 Toten vom Vortag zu sprechen kam, wurde er fix von der Bühne entfernt. Botschafter Hagazy rettete die Situation und den Abend kurzerhand damit, dass er ein ägyptisches Volkslied anstimmte, das der ganze Saal begeistert mitsang.

Das wäre es doch, wenn das ganze Land seine Proteste, seine Probleme und seine Gewalt einfach wegsingen könnte. Mich persönlich würden die Proteste der verbliebenen Moslembrüder weit mehr überzeugen, wenn sie statt Knarren Blumen in der Hand hätten. Soll jetzt niemand sagen, dass sie sich damit nicht gegen Polizei oder Militär wehren könnten. Wenn sie nämlich sowieso für ihre Überzeugung sterben wollen, ist es doch letztlich völlig egal, was sie in der Hand haben. Und Gewaltlosigkeit war am Ende dort allemal erfolgreicher, wo Jahrzehnte des Blutvergießens nichts gebracht hatten – siehe Indien.

Doch so lange die Mär vom Militärputsch weiter Verbreitung findet, so lange wird das wohl auch nichts mit der Gewaltlosigkeit. Mit dem Verweis auf den Militärputsch rechtfertigen die Moslembrüder ja ihrerseits ihre Gewalt. Doch jeder der dieses Wort vom Militärputsch so locker im Munde führt – und das sind längst nicht nur Moslembrüder – hat bislang offensichtlich einen völligen Widerspruch in der jüngsten Ägyptischen Geschichte gar nicht auf dem Schirm. Wenn das nämlich ein Putsch war, was war dann die glorreiche Revolution von 2011? Vergleichen wir mal beide Ereignisse:

2011 begannen die Proteste am 25. Februar. Das Militär verhielt sich zunächst neutral. Am 11. Februar wurde Hosni Mubarak von den Militärs zum Rücktritt gezwungen, die anschließend die Macht in Form des SCAF, des obersten Militärrats, übernahmen. Sie gaben sie anderthalb Jahre auch nicht wieder her.

2013 begannen die Proteste am 30. Juni. Die offensichtliche Mehrheit des Volkes forderte Neuwahlen. Das Militär verhielt sich nicht neutral, schloss sich den Forderungen an. Mursi flüchtete sich in eine Kaserne (er wurde nicht mal irgendwo festgenommen) und wurde dort festgehalten. Der Oberbefehlshaber beruft einen runden Tisch ein und bestimmt den obersten Richter Adli Mansur, einen Zivilisten, zum neuen Präsidenten.

Wenn man beide Sachverhalte miteinander vergleicht, was war dann wohl eher ein Militärputsch? Nach der Ereignissen von 2011 wurden die Ägypter von der ganzen demokratischen Welt gelobt, 2013 von den gleichen Leuten kritisiert. Mir erscheint das ein wenig absurd. Mit Sicherheit gibt es einiges, was am Ägyptischen Militär zu kritisieren ist – vor allem, dass es nicht kritisiert werden darf. Aber eines ist auch klar: Ägypten ist nicht Argentinien oder Chile. Die Bedeutung und die Stellung des Militärs in der Gesellschaft ist eine ganz andere, als in anderen Ländern. Ich versuchte das schon einmal in den Blogbeiträgen „Die Macht der Generale“ und „Armee in der Falle“ zu beschreiben.

So lange die große Mehrheit der Bevölkerung hinter dem Militär steht, haben die demokratischen Kritiker im Grunde auch schlechte Karten. Aber wie schnell sich Mehrheiten ändern können, hat man gerade in Ägypten besichtigen können.

Nimmt das kein Ende?

TAL DER KÖNIGE: mittags um drei, absolut menschenleer.   Foto: psk

TAL DER KÖNIGE: mittags um drei, absolut menschenleer. Foto: psk

Das ägyptische Fremdenverkehrsamt hatte deutsche Journalisten zu einer Pressereise eingeladen, in der Hoffnung jetzt auch mal wieder positive Schlagzeilen zu erzeugen. Am Mittwoch kam die Gruppe zurück, mit sehr unterschiedlichen Eindrücken. In der Tat ist es schon ziemlich erschütternd, vor einem völlig menschenleeren Tal der Könige zu stehen. Immerhin keimte Hoffnung auf in diesen Tagen. Die Reisewarnung war erheblich entschärft worden. Selbst Europas größter Reiseanbieter TUI hatte sich als letzter entschlossen, nun doch wieder Reisen nach Ägypten anzubieten. Und nun das: Über 50 Tote bei Straßenschlachten in Kairo und in anderen Städten.

Die Frage stellt sich automatisch: Warum gerade jetzt? Vorab: Mit der entschärften Reisewarnung und der möglichen Rückkehr der Touristen haben die Ausschreitungen gar nichts zu tun. Der 6. Oktober ist ein sehr symbolträchtiger Tag. Es ist der Nationalfeiertag, an dem des (vermeintlichen) Sieges über die Israelis gedacht wird. Der Ausbruch des Ramadan-Krieges (oder wie er bei uns heißt: Jom-Kippur-Krieg) jährte sich gestern zum 40. Mal. Es war völlig klar, dass die Moslembrüder an diesem Tag ihre Macht zeigen würden. Das Problem ist nur, dass sie nichts mehr zu zeigen haben. Wieder hatten sie von Millionen schwadroniert, die für Mursis Freilassung auf die Straße gehen würden. Ein paar wenige Tausend sind es geworden. Das hat im übrigen jetzt auch die ARD begriffen. Wenn es so wenig Demonstranten und vergleichsweise soviele Tote gab, liegt der Gedanke an brutale Polizeigewalt immer nahe. Doch hier gilt es eines zu bedenken. Die Moslembrüder haben sich in den letzten Monaten immer stärker auf ihren Gründer Hasan al-Bana besonnen, der seinen Anhängern ins Stammbuch schrieb, dass sie nicht so am Leben hängen, sondern lieber für Allah und den Islam sterben sollten. Seine Schrift: „Die Todesindustrie“ begründete den modernen islamistischen Terror. Wenn man in den letzten Wochen die Ansprachen der MB-Führer wie Mohammed Badi’e (der inzwischen im Knast sitzt) gehört hat, dann war es genau die Sprache Hasan al Banas. Die, die jetzt noch den Aufrufen zu Demonstrationen der Moslembrüder folgen, sind nun wirklich der harte Kern, die an alles glauben, auch daran, dass es ganz besonders ehrenvoll ist, auf dem Pflaster von Kairo in seinem Blut für Mursi zu verrecken. Wenn die Moslembrüder überhaupt noch über so etwas wie Macht verfügen, dann ist es das Body-Counting nach den Demonstrationen.

Heute morgen haben die MB schrill eine internationale Untersuchung der Straßenschlachten gefordert. Nehmen wir mal an, die momentane Regierung würde sagen: Ja, tolle Idee, das machen wir. Was würde dann passieren? Die Moslembrüder würden sofort krakelen, dass dies eine unerhörte Einmischung in innere Angelegenheiten sei und dass die Regierung das Land an ausländische Agenten verkauft habe. Es folgten wieder blutige Ausschreitungen.

Es gibt noch immer Menschen, auch und gerade in Deutschland, die es für eine schreiende demokratische Ungerechtigkeit halten, dass den Moslembrüdern mit Gewalt die Macht entrissen wurde. Nun ja, in Deutschland werden die Moslembrüder auch nicht gerade als lupenreine Demokraten betrachtet. 1.800 zählte man in Deutschland 2005. Und deren Gedankengut sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, sagt der Verfassungsschutz.

Dass die Moslembrüder in Ägypten als Organisation verboten worden sind, ist letztlich nur folgerichtig. Jede Gruppierung die in Deutschland solche Hetze betreibt, wird ebenfalls ganz schnell verboten. Im übrigen: Die Partei „Freiheit und Gerechtigkeit“, also die Partei der Moslembrüder, ist nach wie vor erlaubt. Sie wird mit Sicherheit auch bei den Parlamentswahlen im kommenden Jahr antreten und vermutlich sogar zwischen zehn und 20 Prozent der Stimmen einsammeln.

Trotzdem sollte der Spuk mit den Moslembrüdern jetzt bald vorbei sein. Spätestens nach der Besetzung der Moschee am Ramsesplatz, als Bewaffnete von den Minaretten wahllos in die Mensche schossen, haben die Brüder auch enorm viel Sympathien bei ihren konservativen Anhängern in Oberägypten verloren. So etwas tut ein anständiger Moslem nicht.

Die Unruhen und die Toten von gestern werden nicht die letzten gewesen sein. Doch es werden immer weniger werden. Ägypten wird zur Ruhe kommen, die das Land jetzt so dringend zum Neuanfang braucht. Mancher fürchtet nun eine Militärdiktatur. Tatsächlich gibt es Anzeichen, die nichts Gutes verheißen, andererseits macht die jetztige Regierung auch sehr viel richtig. Dass die Verfassungsgebende Versammlung nun ihr Werk vor den Parlamentswahlen beendet und es eine Verfassung vor dem Urnengang geben soll, ist sicher sehr vernünftig. Der Weg zur Demokratie ist sicher noch lang und steinig, aber zumindest scheint die Richtung jetzt erst einmal zu stimmen.

Doch auch, wenn die Pessimisten Recht behalten sollten und Ägypten zu einer Militärdiktatur werden sollte, dann dürfte die, aufgrund der im Grunde zivilen Struktur der Armee, eher milde als brutal ausfallen. Jedenfalls wäre sie das deutlich kleinere Übel, als ein faschistoider Staat, den die Moslembrüder im Begriff waren zu errichten.

Gruppenbild mit Mumie

Aus gegebenem Anlass gibt es hier an dieser Stelle zur Abwechslung einmal eine Fernsehkritik. Am Donnerstag war Mazen Okasha, der auch in Koulou Tamam, Ägypten? eine durchaus wichtige Rolle spielt, zu Gast bei Maybrit Illner. Der Mitbegründer der ägyptischen Sozialdemokraten und Chef der Fremdenführergewerkschaft am Roten Meer hatte schon drei Tage zuvor bei einem Interview im Morgenmagazin des ZDF daheim in Ägypten für großes Aufsehen gesorgt, als er persönlich von Reisen ans Rote Meer abriet und im übrigen der derzeitigen Regierung jegliche Legitimation absprach.

Ägypten-Talk im ZDF: (v.l.n.r.) Philipp Mißfelder, Peter Scholl-Latour, Maybritt Illner, Hamed Abdel-Samad, Luban Azzam, Mazan Okasha

Ägypten-Talk im ZDF: (v.l.n.r.) Philipp Mißfelder, Peter Scholl-Latour, Maybritt Illner, Hamed Abdel-Samad, Luban Azzam, Mazan Okasha

Was in Ägypten momentan wohl allenfalls als Minderheitenvotum gilt, war bei Maybrit Illner dagegen die Mehrheitsmeinung. Neben Mazen Okasha saßen die Politologin Lubna Azzam, der CDU Politiker Philipp Mißfelder, der Autor und Journalist Hamed Abdel-Samad und der wohl unvermeidliche Peter Scholl-Latour. Einzig Abdel-Samad vertrat offensiv das, was in Ägypten derzeit wohl die Mehrheit des Volkes glaubt. Bei der Anmoderation schien es so, als sei ausgerechnet Philipp „Hüftgelenk“ Mißfelder dem Journalisten noch an die Seite gestellt worden, damit er seine Position nicht so ganz alleine vertreten muss. Doch der ehemalige Vorsitzende der Jungen Union, der seit seiner Forderung, älteren Menschen keine künstlichen Hüfgelenke mehr einzusetzen, als das Paradebeispiel des kaltherzigen Politikers gilt, hatte so gut wie gar nichts Substanzielles zur Diskussion beizutragen – außer vielleicht, dass er persönlich Mohammed Mursi offenbar für ein Brechmittel hält.

Am erstaunlichsten schien dann doch Peter Scholl-Latour, die Edelmumie deutscher Talkshows. Seine Auftritte werden von mal zu mal bizarrer. Ich selbst habe von Scholl-Latour in meiner Jugend viel gelernt. Er hat mir den Vietnamkrieg erklärt und auch das Interesse für die islamische Welt geweckt. Und jener Peter Scholl-Latour hat die Stirn zu behaupten, dass die Moslembrüder nichts mit der Gamaa al Islamiyya oder mit dem Dschihad zu tun haben. War es nicht eben jener Scholl-Latour, der als einer der ersten im Westen erklärte, wer Hassan al Bana, der Begründer der Moslembrüder, war? Und war es nicht die Märtyrer-Logik des Hassan al Bana, die den Weg zum islamistischen Terror ebnete? Und sind es nicht die Moslembrüder, die sich jetzt genau wieder dieser Märtyrer-Rhetorik bedienen? Für einen, wie Hamed Abdel-Samad muss dieser Abend nur sehr schwer erträglich gewesen sein. Immerhin hat es gegen ihn am 5. Juni einen Mordaufruf gegeben – von Anhängern des inzwischen gestürztem Präsidenten Mursi. Der hatte sich nie von dem Mordaufruf distanziert. Dieser Umstand wurde an jenem Abend, an dem es soviel um Freiheit und Demokratie ging, mit keinem Wort erwähnt. Auch nicht von der Moderatorin Maybrit Illner.

Als sich Scholl-Latour wieder einmal hinter seinem immensen Schatz an Wissen und Anekdoten verschanzte, explodierte Abdel-Samad förmlich und warf dem einstigen Nahost-Korrespondenten vor, mit seinem Denken im Kalten Krieg stecken geblieben zu sein. Das Publikums beklaschte es laut und Scholl-Latours Miene versteinerte in einem Maße, dass es schien, er halte den Nichtvollzug des nämlichen Aufrufes für einen schweren Fehler.

Auch Mazen Okasha ging auf den Mordaufruf nicht ein. Er musste sich aber von Abdel-Samad fragen lassen, warum er vor dem 30. Juni auf seinere Facebook-Seite Werbung für Tamarod gemacht, nach dem Machtwechsel aber das Militär verteufelt habe. Der bestritt das vehement, doch Abdel-Samad behauptete, er habe die fraglichen Einträge inzwischen gelöscht (Ich kann es leider nicht beurteilen, weil die Postings von Mazen Okasha weitgehend arabisch sind.).

Die Einspieler waren nun auch nicht gerade von großer Ausgewogenheit getragen. Mir erschien das Ganze dann doch ein wenig nach dem politischem Mainstream ausgerichtet, der da lautet: Ja, es war ein Militärputsch, aber ihr müsst alle miteinander reden. Die Antwort auf die eine und entscheidende Frage blieben Scholl-Latour, Azzam und Okasha schuldig: »Mit wem soll man denn reden, wenn sich der andere dem Gespräch konsequent verweigert?«

Was hat uns der Abend gelehrt? Vielleicht, dass Peter Scholl-Latour mittlerweile in Talk-Shows etwa den Peinlichkeitsgrad erreicht hat, wie Udo Lattek im Fußball-Talk »Doppelpass«, den man vor zwei Jahren fast operativ aus der sonntäglichen Runde entfernen musste?

Viele Freunde und Bekannte in Ägypten fragen sich, ob sich der leidenschaftliche Demokrat Mazen Okasha, der sich um die politische Bildung vor allem am Roten Meer wirklich verdient gemacht hat, inzwischen ein Moslembruder geworden ist. Ich glaube das nicht. Zwar teile ich seine Meinung nicht, aber ich kann mir vorstellen, wie sie sich entwickelt hat. Wenn jemand soviel Zeit und Passion in den Aufbau der Demokratie steckt, wie er, dann sieht er möglicherweise einen Teil seines Lebenswerks zerstört, wenn demokratische Strukturen zerbrechen. Für ihn persönlich ist das alles sicherlich ein großes Drama. Zudem wird er nach seiner Rückkehr mit Repressionen rechnen müssen – was natürlich zutiefst undemokratisch wäre. Da gilt einfach Rosa Luxemburgs Satz, dass die Freiheit immer die Freiheit des Andersdenkenden sein muss.

Tja – könnte man nun sagen – muss das nicht auch für Muslembrüder gelten? Auf jeden Fall. Das Problem ist eben nur, dass die MBs jeden, der anders denkt, mit dem Tode bedrohen. Das haben sie sogar getan, als Mursi noch an der Macht war.

Den für mich wichtigsten und bedeutsamsten Satz dieses Abends sprach Hamed Abdel-Samad, auf Mybrit Liiners Frage, was denn nun mit der Demokratie in Ägypten werde. Da sagte er: »Demokratie ist eine Bestimmung, keine Option.« Recht hat er.

Die Macht der Generale

Die Frage kommt, aber leider viel zu selten. Manchmal fragen mich Leute: „Woher kommt eigentlich die große wirtschaftliche Macht der Militärs in Ägypten?“ Komisch eigentlich. Man kann sich ja durchaus mal die Frage stellen, warum sich eine riesige Armee nicht auf ihre Kernkompetenz beschränkt und einfach Armee ist. Im Gegenteil: gerade ihre Kernkompetenz scheint ja völlige Nebensache zu sein. Gerade die, die am lautesten beklagen, dass die Armee nun wieder die Strippen zieht, haben sich offenbar mit dieser Grundfrage noch nie beschäftigt. Dabei könnte sie von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung des Landes sein.

GAMAL ABDEL NASSER (links; hier mit König Feisal von Saudi-Arabien und PLO-Führer Jassir Arafat) verordnete Ägypten eins die volle Autarkie. Foto: Al Ahram

GAMAL ABDEL NASSER (links; hier mit König Feisal von Saudi-Arabien und PLO-Führer Jassir Arafat) verordnete Ägypten eins die volle Autarkie. Foto: Al Ahram

Die Ursprünge für diese wirtschaftliche Machtfülle dürften bei Gamal Abdel Nasser liegen. Mit der Gruppe der „Freien Offiziere“ putschte er 1952 König Faruk von der Macht, die er zwei Jahre später entgültig an sich riss. Nasser hatte eine ganz klare Leitlinie, und die hieß Unabhängigkeit. Nach der Quasikolonialzeit unter den Briten suchte Nasser für Ägypten die bedingungslose Unabhängigkeit, nicht nur staatlich, sondern auch diplomatisch und vor allem wirtschaftlich. Mit dem Regierungschefs von Indien und Jugoslawien, Nehru und Tito gründete er die „Blockfreien Staaten“. Die wollten im kalten Krieg weder von den Amerikanern noch den Sowjets abhängig sein.

Wenn man allerdings über eine rückständige Industrie, wie Ägypten verfügt, ist es relativ schwierig wirklich wirtschaftlich unabhängig zu sein. Trotzdem forderte Nasser von seinem Land die völlig Autarkie: „Von der Nähnadel bis zur Atomrakete“ müsse alles im Land selbst hergestellt werden. So wird die Sache schnell klar: Wenn Autarkie Staatsziel wird, dann muss im Zweifel auch die Armee ran, um dieses Staatsziel zu erreichen.

Die Geschichte hat gezeigt, dass Nasser seine Ziele jetzt nicht unbedingt zu hunderprozent umsetzen konnte. Um ehrlich zu sein, ist er mit seinen Projekten, abgesehen vom Nasserstaudamm ziemlich kläglich gescheitert. Am Ende landete er in sowjetischer Abhängigkeit und was von der ägyptischen Autoindustrie übrig geblieben ist, ließ sich vor ein paar Jahren noch beim Minibusfahren in Hurghada besichtigen. Die Älteren von uns erinnern sich vielleicht – ja nach dem – mit Entsetzen oder Erheiterung an die Eltramco Busse. Was blieb, war ein immer weiter wachsendes Wirtschaftsimperium des Militärs. Nur warum wuchs es nur? Ganz einfach: Es dient bis zum heutigen Tag der wirtschaftlichen Absicherung ausgeschiedener Militärs.

Jeder, der verlangt, dass die Militärs ihrer wirtschaftlichen Macht entsagen, muss zwangsläufig auch eine Antwort darauf finden, wie er die daraus folgenden schweren sozialen Verwerfungen verhindern will. Es geht ja nicht nur darum, dass ein paar Generale in den Ruhestand versetzt werden.

Genau so wenig, wie der Westen eine Antwort darauf hatte, was die Alternative zur Räumung der MB-Lager in Kairo gewesen wäre, hat er natürlich eine darauf, was mit dem, zum Teil ja maroden, Wirtschaftsimperium der Generale werden soll. Gerade wir in Deutschland haben ja erlebt, was es heißt, eine marode Industrie zu übernehmen. Nun sind die sozialen Grundlagen in Ägypten deutlich schwächer, als sie in der DDR 1990 waren.

Dass sich der Westen auf recht unsachliche Weise mit den derzeitigen Umständen in Ägypten auseinandersetzt, führt zu der paradoxen Situation, dass die Macht des Militärs nicht gemindert, sondern gestärkt wird. Mit jedem kritischen Wort aus dem Ausland wächst die Sympathie für Abdel Fatah al Sissi. Interessanter ist aber ein anderes Phänomen: Die ägyptische Jugend entdeckt gerade ein neues Idol, so hört man: Gamal Abdel Nasser. Ob das dem Westen gefällt lassen wir mal dahingestellt. Aber er hat sicher selbst dazu beigetragen.

Meiner ist größer

Vor Jahren stand ich einmal fasziniert vor einem Fernseher in Ägypten und verfolgte eine arabische Soap. Ich verstand fast kein Wort, aber das war auch nicht nötig. Große Gesten, laute Worte und rollende Augen taten das ihre. Es hatte schon etwas von einem lärmenden Stummfilm. In genau so etwas fühle ich mich derzeit hineinversetzt, wenn ich sehe, was in Kairo abläuft. Aber Ägypten besteht ja nicht nur aus Kairo und Alexandria.

Als ich nun in der ersten Juli-Hälfte eine Woche in Ägypten war, habe ich da unten um Marsa Alam herum von der aktuellen Situation sehr wenig mitbekommen. Aber das wenige hat mich schon nachdenklich gemacht. Da war zum Beispiel das Gespräch mit einem ägyptischen Tauchlehrer, der alles andere als ein Anhänger der Moslembrüder ist. Und er zeigte sich einfach nur traurig darüber, dass das Experiment mit dem ersten frei gewählten Präsidenten des Landes so endet. Mit dieser Meinung steht er nicht allein. Für viele überzeugte Demokraten ist der Sturz Mursis eine Bankrotterklärung der ägyptischen Demokratie. Ich selbst teile diese Einstellung nicht. Natürlich nicht, denn ich glaube, dass sich das ägyptische Volk im richtigen Moment gewehrt hat, so wie sich vielleicht das deutsche Volk spätestens im April 1933 gegen Hitler hätte wehren müssen, nachdem offenbar wurde, was das Ermächtigungsgesetz bedeutet. Auch auf die Gefahr hin, dass man nun mault und behauptet: „Jetzt packt der auch noch die Nazikeule aus“, bleibe ich dabei: Die Rechte, die sich Mursi aneignen wollte, beinhalteten genau das, was die Nazis mit den Ermächtigungsgesetzen durchgepeitscht hatten – und dass die Moslembrüder inzwischen für eine wahre Pogromstimmung gesorgt hatten, will ja wohl auch niemand ernsthaft bestreiten. Trotzdem verstehe ich, dass jemand, der zum ersten Mal die Demokratie wirklich geschmeckt und gefühlt hat, betrübt darüber sein kann, dass der gewählte Präsident von Militärs entmachtet wird. Ich denke auch, dass man diese Bedrückung auch ernst nehmen sollte.

ALLGEGENWÄRTIG: Überall flattern derzeit Ägyptische Fahnen, wie hier in Marsa Shagra.

Allgegenwärtig: Überall flattern derzeit ägyptische Fahnen, wie hier in Marsa Shagra.

Eine andere Erfahrung hat mich dagegen sehr stutzig gemacht. Am 14. Juli fuhr ich von Marsa Shagra zurück nach Hurgahda. An keiner einzigen Tankstelle habe ich eine Warteschlange gesehen. Ich glaube nun nicht, dass dieses Phänomen mit dem Ramadan zusammenhängt. Vielmehr erinnerte es mich an die Erzählungen meiner Eltern von der Währungsreform 1948. Seit Kriegsende waren die Schaufenster leer gewesen. Doch mit der Einführung der D-Mark füllten sie sich über Nacht. Diesel und Benzin waren also wohl die ganze Zeit da. Nur, wo war das Zeug versteckt?

Und? Hat es Abdel Fatah al Sissi bislang gut gemacht? Dass er bis auf die Moslembürder alle gesellschaftlich relevanten Gruppen in ein Boot gebracht hat, ist schon nahezu sensationell. Dass Saudi Arabien fünf Milliarden Euro rübergeschoben hat und die Salafisten unmittelbar danach wieder ganz friedlich waren, wird wohl auch irgendwie zusammenhängen. Die Saudis haben ihr Projekt „Gottesstaat Ägypten“ (so sie es je hatten) erstmal hintangestellt. Ein Bürgerkrieg in der Region reicht ihnen – zu recht. Vielleicht sind sie ja von Sissi überzeugt worden.

Aber das, was er in dieser Woche veranstaltet hat, besitzt bestenfalls Comic-Niveau. Der Aufruf an die Ägypter, jetzt auf die Straße zu gehen, um dadurch ein hartes Durchgreifen gegen die Moslembrüder zu legitimieren, ist ja schon ziemlich krass. Vor allem zeigt er damit völlig unnötig Schwäche. Im Prinzip ist es doch ganz einfach: Entweder die Moslembrüder haben gegen die bestehenden Gesetze verstoßen und tun das weiterhin, dann soll man sie einfach festnehmen und gegebenenfalls verurteilen. Wenn sie aber nicht gegen die bestehenden Gesetze verstoßen, dann ist ein gewaltsames Vorgehen ein Unrecht – egal wieviele Demonstranten al Sissi mobilisieren kann.

Ich persönlich glaube ja, dass Sissi mit dem Demonstrationsaufruf in erster Linie mal den Moslembrüdern zeigen wollte, um wieviel mehr Menschen er mobilisieren kann, als die Brüder. Es hat so etwas von spielenden Jungs. „Aber meiner ist größer, ätsch“. Leider ist der Einsatz für solch pupertäre Spielchen ziemlich blutig.

Vielleicht ist es aber auch eine Panikreaktion. Von vielen unbemerkt ist die Situation auf dem Sinai inzwischen völlig aus dem Ruder gelaufen. Es gibt sehr starke Hinweise darauf, dass die Moslembrüder schon seit geraumer Zeit dort richtig mitmischen – und dass die längst totgesagte Gamma al Islamiyya dort wieder fröhliche gewalttätige Urstände feiert – zusammen mit Dschihad und Hamas – und Al Kaida. Ihr Hauptangriffsziel ist seit Wochen und Monaten das ägyptische Militär.

Wenn sich das bestätigt – und wenn sich vor allem bestätigt, dass Mursi davon gewusst hat – dann wird es für ihn sehr eng, vor allem um seinen Hals rum. Es geht dann um etliche tote ägyptische Soldaten. 14 von ihnen sind ziemlich genau vor einem Jahr bei einem Anschlag auf eine Grenzstation ums Leben gekommen. Mursi nutzte sie Gunst der Stunde, um sich des Chefs des Obersten Militärrats SCAF, Feldmarschall Mohammed Tantawi, zu entledigen. Inzwischen hat es immer wieder Anschläge auf Militäreinrichtungen gegeben. Sollte jetzt noch herauskommen, dass Mursi davon gewusst hat, dann wäre der Hochverratsprozess mit feststehendem Ausgang unumgänglich. Und das ist die eigentliche Pointe des Tages: Der Staatsanwalt hat heute U-Haft für Mursi für die nächsten zwei Wochen angeordnet. Es soll untersucht werden, inwieweit die Hamas bei Mursis Befreiung aus dem Gefängnis beteiligt war. Der Weg von Gaza in den Sinai ist ja nun wirklich nicht weit – auch gedanklich. Mich würde es nicht wundern, wenn bei dieser Untersuchung noch ganz andere Dinge herauskommen würden.

Armee in der Falle

Viele durchaus sehr demokratische gesinnte Menschen rätseln darüber, wie ein amerikanischer Präsident über die Vorgänge in Ägypten besorgt sein kann, oder warum ein deutscher Außenminister den Machtwechsel gar als Rückschlag für die Demokratie wertet. Entweder haben beide von nichts eine Ahnung, oder sie sind schlecht beraten – oder sie fürchten sich vor etwas. Tatsächlich hat sich in Ägypten etwas getan, was vor allem den amerikanischen Präsidenten in große Sorgen versetzen muss. Die ägyptische Armee, die im Moment als der große Machtfaktor dasteht, die einen gewählten Präsidenten aus dem Amt gejagt hat und zudem einen Staat im Staat bildet, ist ja gleichzeitig auch einer der wichtigsten Verbündeten der USA in dieser Region. Immerhin sponsorn die Amerikaner das ägyptische Militär mit 1,4 Milliarden Dollar im Jahr. Und diese Armee hat vorgestern bei näherem Hinschauen eigentlich eine ganz empfindliche Niederlage einstecken müssen. Im Moment wird das alles durch Jubelszenen auf dem Tahrir überdeckt. Aber Barak Obama muss ich in der Tat sorgen um die ägyptische Armee machen. Diese Revolution 2.0 könnte sie nämlich nachhaltiger ändern, als das viele im Moment glauben mögen.

Schauen wir uns das Militär mal etwas genauer an. Die Führungsspitze ist weder demokratisch noch besonders freiheitlich orientiert. In den Militärakademien kursieren unter den künftigen Offizieren das Landes solch literarische Blüten wie zum Beipiel „Mein Kampf“. Durch übermäßig große Lust an der Kriegsführung ist Ägyptens Armee seit 40 Jahren – Gott sei Dank – auch nicht mehr aufgefallen. Dafür haben die Militärs ein Wirtschafts- und Verwaltungsimperium aufgebaut, das seines gleichen sucht. Panzer und Raketen sind weitgehend Nebensache und dienen eher als Spielzeug. Längst die die Armee ein sich selbst erhaltendes System geworden – steuerfrei.  Man kann nicht einmal sagen, dass die Armee das Land systematisch ausblutet. Sie schafft ja auch Arbeitsplätze – sehr viele sogar. Staat und Armee sind eher in einer symbiotischen Struktur miteinander verbunden. Und genau das macht sie nun angreifbar.

Hat der Jungenfrauentester Abdel Fatah al Sissi tatsächlich in einer Anwandlung von Demokratiebesoffenheit Tamarod die Hand gereicht? Hat er sich nach einem Damaskuserlebnis vom Saulus zum Paulus gewandelt, zum großen Freiheitskämpfer? Möglich, aber kaum anzunehmen. Nein, der oberste Militär hat sich erpressen lassen – vom Volk. So einfach sieht es aus. Seit etwa einem halben Jahr wurden die Stimmen immer lauter, das Militär solle eingreifen. Es hatte seit Monaten immer wieder mal sehr wachsweiche Ankündigungen der Armee gegeben, vielleicht mal irgend wann etwas zu tun, wenn es mit der Wirtschaft weiter bergab gehe. Das wurde zurecht als der kolossale Unwille gewertet, in die Politik aktiv einzugreifen. Doch auf einmal ging alles sehr schnell. Als Tamarod plötzlich Millionen auf die Straße brachte und am vergangenen Sonntag das Ultimatum vom Tahrir kam, reagierten die Militärs. Kaum hatten die Demonstranten mit bedingungslosem zivilen Ungehorsam gedroht, kam auch schon ein Ultimatum der Armee. Warum wohl? Sie hatten das Wort vom „bedingungslosen Ungehorsam“ völlig richtig mit „Generalstreik“ übersetzt. Doch wem hätte denn ein Generalstreik am meisten geschadet? Doch denjenigen, die am meisten Menschen beschäftigen. Um es platt auszudrücken: Die Militärs fürchteten die Pleite ihrer eh schon ausgesprochen angeschlagenen Unternehmen.

Doch warum war das Eingreifen des Militärs nun langfristig eine Niederlage? Erstmals in der jüngeren Geschichte hat sich das Militär vom Volk zu etwas zwingen lassen. Es hat eine offene Flanke gezeigt und offenbart, wo es verwundbar ist: Nämlich genau dort, wo es verdient. Die Androhung von Streiks werden die Militärs nicht weniger beunruhigen, als die Ankündigung Obamas die jährliche Militärhilfe zu überdenken. Wenn das dem ägyptischen Volk klar wird, dann kann das der erste Schritt sein, um die alt her gebrachten Strukturen aufzubrechen.

Niemand kann im ernst erwarten, dass sich das Militär von heute auf morgen von seine Reiseunternehmen und Nudelfabriken trennt. Aber das Volk kann sehr wohl vom Militär erwarten, dass es in einer großen wirtschaftlichen Krise endlich einmal damit anfängt, Steuern zu bezahlen. Es kann auch darauf pochen, dass es irgendwann seine Finanzen offenlegt. Wie es dann weiter geht? Man wird sehen.

Aber auch das Militär hat ja seine Möglichkeiten. Es steht ja unter dem Druck, der Welt, vor allem der westlichen, beweisen zu müssen, dass das, was da in Ägypten passierte, auch rechtens ist und das geht nur über einen Erfolg der Regierung – einer zivilen Regierung der nationalen Einheit. Die Erfahrungen mit der Opposition in der Vergangenheit sind leider wenig ermutigend. Da hatte sich zum Beispiel der ägyptische Block mit 15 Parteien, Verbänden und Gewerkschaften selbst so zerlegt, dass nur noch drei Parteien übrig blieben. Nun müssen sich die einstigen Oppsitionskräfte zusammenraufen. Dass sie es schaffen wäre eher unwahrscheinlich, stünde nicht das Militär im Hintergrund, das sie möglicherweise dazu zwingt.

Wie immer man das Kind vom 3. Juli nennen will, zweite Revolution, Putsch oder Staatsstreich – eines ist jedenfalls klar: Die Armee ist dem Volk in die Falle gegangen – nicht umgekehrt.

Dann jagen wir sie eben zum Teufel

Es ist ja manchmal so nach einem großen Fest, daß man mit einem gehörigen Kater erwacht. Wenn es am Tag nach den Erfolg der „Rebellion“, wie Tamarod übersetzt heißt, zu einer Art Kater kam, dann sorgten dafür ausgerechnet US-Präsident Barak Obama und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Beide äußerte sie ihre Sorgen und mahnten das Militär, die Macht so schnell wie möglich wieder in zivile Hände zu legen. Zumindest bei Obama erscheint mir die Mahnung als etwas heuchlerisch, denn es ist kaum anzunehmen, dass Abdel Fatah el Sissi auch nur einen Schritt gemacht hat, ohne sich zuvor mit dem Pentagon abzusprechen.

Die gesamte Legitimationdebatte, die schon gestern losgetreten wurde, als Mursi noch im Amt war, erscheint mir persönlich völlig verfehlt. Ja, es stimmt, dass da ein demokratisch gewählter Präsident mit Hilfe des Militärs aus dem Amt gekippt wurde. Ja, und? Vielleicht hilft ja mal ein Blick zurück, ein Blick auf das Ägypten vor ein oder anderthalb oder zwei Jahren. Natürlich hatte niemand die Legitimitätsfrage gestellt, als das Militär Hosni Mubarak stürzte und als Mursi Knall auf Fall Mohamed Tantawi entließ, war das auch nichts weniger als ein Staatsstreich. Aber beide waren nicht demokratisch legitimiert. Allerdings war es doch Mohamed Mursi, der bei seiner Amtsübernahme die Ägypter sogar aufforderte wieder auf die Straße zu gehen, wenn sie mit seiner Amtsführung unzufrieden sind.  Genau das haben sie doch getan. Dafür haben seine Brüder den Demonstranten den Heiligen Krieg erklärt! Was im übrigen, nach der von den Muslimbrüdern durchgepeitschen Verfassung, den Tatbestand des Hochverrats darstellt. Mursi hat sie nicht einmal zur Rechenschaft gezogen.

Mit ihrer Revolution vom Frühjahr 2011 sind die Ägypter auf den Geschmack der Demokratie gekommen. Allerdings ist das keine Demokratie, die wie soutierte Wachtelbrüstchen mit lauwarmer Brunnenkresse daher kommt, sondern wie ein derber über dem Spieß gebratener Hammelbraten, aus dem man sich mit der Hand ein Stück rausreißt. Die ägyptische Demokratie ist (noch) archaisch und – ja vielleicht auch anarchisch (nicht anarchistisch!!) – aber es ist eben doch eine Demokratie.

Als ich vor anderthalb Jahren für „Koulou Tamam“ recherchiert habe, hatte ich ein langes Interview mit Housam, einem Koch aus Hurghada, der aus Souhag im Niltal stammt. Daran mußte ich gestern wieder denken. Soviele Experten haben in den letzten zwei Jahren so schlaue Dinge gesagt – und sich so gründlich geirrt. Ich selbst nehme mich da weiß Gott nicht aus. Aber heute kommt mir das, was Housam damals im Januar 2012 zu mir sagte doch sehr prophetisch vor:

Chefkoch Housam Foto: psk

Chefkoch Housam
Foto: psk

„Wir haben keine Angst vor der Zukunft. Warum auch? Egal, wer jetzt an die Regierung kommt, ob Islamisten, Liberale oder sonst wer, sie müssen die Situation für die Menschen verbessern. Das heißt, sie müssen genug zu essen und ein vernünftiges Dach über dem Kopf haben. Wenn sie das nicht schaffen, stehen eben wieder Millionen auf dem Tahrir und verjagen sie. Dann kommen eben die nächsten dran.“ (Koulou Tamam Ägypten, Carpathia-Verlag Berlin, 2012)

Nun ist Housam kein verkopfter Politiker, kein spitzfindiger Analytiker, sondern ein einfacher, sehr frommer aber auch durchaus reflektierter Mann aus dem einfachen Volk. Das, was er vor anderthalb Jahren zu mir sagte, reicht doch völlig aus als Legitimation für das, was gestern passiert ist. Den Ägyptern geht es heute schlechter als zu Zeiten Mubaraks. Da hätten sie ihn auch gleich behalten können. Nein – die überwiegende Zahl des Volkes sah sich an den Rand der Existenz gedrückt und hat meines Erachtens und völlig zu Recht in Notwehr gehandelt – und das Militär hat – ebenfalls völlig zu Recht – das Volk darin unterstützt. Dass das Militär nur an zwei Dingen interessiert ist, an der Wahrung seiner Privilegien und denn 1,4 Milliarden jährlich aus den USA… geschenkt.

Man muss dem Militär aber eines zu Gute halten. es hat aus dem zweieinhalbjährigen Desaster gelernt. Wenn die Pressekonferenz gestern ein Zeichen für die Zukunft war, dann geht Ägypten goldenen Zeiten entgegen. Nach Sissi sprach der Sheik der Al Ahsar Universiätet und nahm damit den Moslembrüdern die Legitimität, im Namen des Islam zu sprechen, sprach El Baradei für die Säkularen, und stand als Symbol, dass die zerstrittene Opposition nun mit einer Stimme sprechen will, sprach Papst Tawadross II., das Oberhaupt der koptischen Christen und brachte damit in Erinnerung, dass die christliche Minderheit ebenfalls eine wichtige Rolle in Ägypten spielen sollte, sprach ein Vertreter der Jugend, die ja nicht ganz zu unrecht glaubte, dass ihr die erste Revolution gestohlen worden sei – und dann die größte Überraschung, sprach ein Vertreter der Salafisten. Und das muss für die Moslembrüder der niederschmetterndste Anblick an jenem Abend gewesen sein. Selbst die vermeintlich noch viel sittenstrengeren Glaubensbrüder lassen sich in ein Bündnis der nationalen Einheit einbinden.

Dieses Bündnis wurde ja nicht gestern Abend vor den Fernsehkameras geschmiedet, sondern schon vermutlich zwei Tage zuvor. Die Muslimbrüder waren dazu eingeladen. Sie waren die einzige gesellschaftliche Gruppe, die dieser Einladung nicht gefolgt sind. Man kann es also auch so sehen, dass sich der Präsident von seinem Volk abgewendet hat. Dann muss er sich nicht wundern, wenn er davon gejagt wird.

Ich habe an dieser Stelle schon das ein oder andere Mal die Opposition kritisiert, weil sie lieber weggelaufen ist und Demonstrationen organisiert hat, statt auf dem parlamentarischem Weg zu kämpfen. Dieser Meinung bin ich nach wie vor. Aber auch das kann die gestrigen Ereignisse nicht diskreditieren. Das ganze war nach meiner Ansicht aus demokratischer Hinsicht völlig okay.

Wenn das der amerikanische Präsident ausgerechnet am 150. Jahrestag der Schlacht von Gettysburg anders sieht, ist das schon sehr traurig. Sein Idol Abraham Lincoln hat sogar einen vierjährigen Bürgerkrieg – der dank der Umsicht der Militärs den Ägypten jetzt hoffentlich erspart bleibt – geführt, um die Demokratie zu retten. Vier Monate nach der Schlacht weihte Lincoln den Soldatenfriedhof in Gettysburg ein. Dabei sprach der nur zweieinhalb Minuten lang und seine Rede umfaßte gerade mal 200 Worte. Die letzten Worte lauteten: „Auf dass diese Nation, unter Gott, eine Wiedergeburt der Freiheit erleben – und auf dass die Regierung des Volkes, durch das Volk und für das Volk, nicht von der Erde verschwinden möge.“ Mabruk ya Masr.