Die Fälscher

Die Nachricht, dass die islamistische Terrorgruppe Ansar Beit al Maqdis sich nicht nur zu dem Anschlag in Taba bekannte, sondern auch noch alle Touristen ultimativ aufforderte Ägypten bis zum 20. Februar zu verlassen, hat verständlicherweise für große Beunruhigung gesorgt.  Doch zumindest bei vielen Experten ist die Beunruhigung inzwischen einer gewissen Verblüffung gewichen. Zwei Tage nach dem Bekennerschreiben zu dem Bombenattentat in Taba stellt sich die Sache nun etwas anders dar. Zwar hat es den Anschein, dass das Bekennerschreiben echt ist, das Ultimatum, das Touristen in Ägypten bedroht, hingegen falsch. Dieses Ultimatum wurde über einen Twitteraccount von Ansar Beit al Maqdis verschickt. Doch ein wenig fühlt man sich an diese alte Kaffee-Werbung erinnert: Ansar Beit al Maqdis behauptet: »Wir haben gar keinen Twitter-Account.« Und das hat die Gruppe schon im Dezember geäußert. Sie lehnt Social Media aus Prinzip ab. Inzwischen hat sich auch der Ägyptische Tourismusminister Hisham Zaasou in gleicher Weise geäußert. Mehr Details zu dem Thema finden sich in der (geschlossenen) Facebook-Gruppe Hurghada’s good & bad news von Anja Buchloh. Die deutsche Grafik-Designerin lebt seit Jahren in Hurghada und verfolgt sehr aufmerksam die ägyptischen Medien. Sie hatte mich gestern auch als erste auf die Sache mit dem offensichtlich gefälschten Twitter-Account aufmerksam gemacht.

Auf dieser Twitternachricht beruht die das angebliche Ultimatum gegen Touristen. Screenshot: Anja Buchloh

Auf dieser Twitternachricht beruht die das angebliche Ultimatum gegen Touristen. Screenshot: Anja Buchloh

Natürlich stellt sich nun die berechtigte Frage: Wer tut so etwas? In meinem gestrigen Blog-Beitrag »Die Bekenner« hatte ich ja bereits die These aufgestellt, dass es bei dem innerägyptischen Konflikt eigentlich keine Gruppe gibt, die ein Interesse daran haben könnte, dass der Tourismus endgültig kolabiert. Einerseits haben Angehörige aller Seiten einfach zuviel Geld in diesem Wirtschaftszweig stecken, andererseits verliert eine Gruppe, die sich buchstäblich auf Touristen einschießt, sofort jeglichen Rückhalt in der Bevölkerung. Und so sind nun allen möglichen Verschwörungstheorien Tür und Tor geöffnet.

  • Theorie 1: Der ägyptische Geheimdienst steckt dahinter, um die dschihadistischen Gruppen endgültig zu diskreditieren. Dagegen spricht allerdings, dass die Gefahr zu groß und der Preis zu hoch wäre. Noch weniger Touristen im Land würden letztlich der Regierung und dem vermutlich kommenden Präsidenten al Sisi schwer schaden.
  • Theorie 2: Ein Islamist aus den eigenen Reihen hat den Account gefälscht, um seine Glaubensbrüder anzuspornen, jetzt endlich so richtig gegen die Ungläubigen loszulegen. Das ist zwar denkbar, aber wenig wahrscheinlich, da die Kämpfer im Sinai schon einem ziemlichen Drill unterworfen sind.
  • Theorie 3: Versprengte Anhänger des ehemaligen Präsidenten Mubarak sind die Fälscher. In mindestens fünf Fällen sollen die sogenannten »Thugs« als Mubaraks Schlägertrupps hinter den insgesamt über 80 Kirchenbrandstiftungen in der Folge von Mursis Sturz stecken. Auch bei der entsetzlichen Stadionkatastrophe vor zwei Jahren in Port Said sollen Mubarakanhänger ihre Finger im Spiel gehabt haben. Tatsächlich wird den Anhängern des Mubarak-Clans so ziemlich alles zugetraut. Doch auch in diesem Fall ist noch zu viel Geld im Spiel.
  • Theorie 4: Das dürfte die Lieblingstheorie zahlreicher Ägypter sein: Israel war’s. Nun muss man kein eingefleischter Antisemit sein, um Benjamin Netanjahu und seinen Brüdern im Geiste so ziemlich jede Bosheit zuzutrauen. Doch in diesem Fall stellt sich nur eine einzige Frage: Warum sollte Israel das tun? Um Ägypten noch mehr zu destabilisieren? Die Israelis haben das größte Interesse daran, dass in Ägypten endlich Ruhe herrscht und auf dem Sinai geordnete Verhältnisse einziehen.
  • Theorie 5: Die Hamas war’s. Diese Theorie ist mein Favorit, seit mich gestern Abend eine Bekannte gefragt hat, warum sich die fünf Terrororganisationen im Norden des Sinais nicht zusammenschließen. Alle werden sie schließlich von der Hamas unterstützt. Eben. Die Hamas hat kein Interesse an stabilen Verhältnissen in Ägypten und an einer Regierung, die die Tunnels in den Gazastreifen wieder schließt. Sie hat kein Interesse daran, dass Ägypten durch den Tourismus verdient – und sie hat kein Interesse daran, dass sich die Terrororganisationen zu einer zusammenschließen, denn dann würde sie selbst erheblich an Einfluss verlieren.

Nun kann sich ja jeder seine Lieblingstheorie aussuchen oder seine eigene der Liste hinzufügen. Eines ist per Stand von heute wenigstens klar: Das Ultimatum und die explizite Drohung gegen Touristen sind eine Fälschung. Das bedeutet nicht, dass es in Zukunft keine Opfer unter Touristen geben wird. Aber die Gefahrenlage hat sich gegenüber den letzten Wochen und Monaten letztlich nicht geändert. Die Strände des Roten Meeres sind jedenfalls sicherer als die weltberühmte Copacabana – und dort, in Brasilien, findet im Sommer immerhin die Fußball-WM statt, zu der Zehntausende deutsche Touristen ohne jegliche Sicherheitsbedenken fliegen.

Die Bekenner

Jetzt scheint es klar, wer hinter dem Anschlag auf den Touristenbus in Taba steckt. Bekannt hat sich zumindest die Gruppe Ansar Beit al Maqdis zu dem Attentat. Was allerdings besonders beunruhigend scheint, ist die Tatsache, dass das Bekenntnis mit einem Ultimatum verknüpft wurde. Bis 20. Februar sollen alle Touristen das Land verlassen, danach werden sie als legitime Ziele betrachtet. Aha, die drei getöteten südkoreanischen Touristen waren demnach keine legitimen Ziele in den Augen ihrer Attentäter? Soviel Zynismus muss an dieser Stelle sein.

Aber was sagt uns die Organisation? Ansar Beit al Maqdis wurde vermutlich im Februar 2011 gegründet und zwar unter anderem von Gefängnisinsassen, die von der Hamas nahestehenden Gruppen befreit wurden. Einer der Befreiten war damals übrigens ein gewisser Mohammed Mursi, dem unter anderem genau wegen diesem Sachverhalt gerade der Prozess gemacht wird. Allerdings geht es in dem Prozess auch noch um etwas ganz anderes: Letztlich soll auch die Frage geklärt werden, ob Mursi in seiner Zeit als Präsident Organisationen wie Ansar Beit al Maqdis finanziell und logistisch unterstützt hat. Insgesamt gibt es mindestens fünf verschiedene Gruppen, die den Norden des Sinais seit geraumer Zeit zu einem rechtsfreien Raum machen. Gemein ist ihnen allen, dass sie von der Hamas unterstützt werden, Al Qaida nahestehen und mit Vorliebe ägyptische Polizisten und Soldaten umbringen.

Gut bewacht werden Touristenbusse in vielen Gegenden schon heute. Foto: psk

Gut bewacht werden Touristenbusse in vielen Gegenden schon heute. Foto: psk

Jetzt werden zumindest von dieser einen Organisation Touristen direkt und explizit bedroht. Wie ernst ist das zu nehmen? Zunächst einmal bedeutet das bei einer Terrororganisation einen völligen Paradigmenwechsel. Seit den 90er Jahren hatte sich im Gefüge der terroristischen Gruppen in Ägypten die Erkenntnis durchgesetzt, dass Anschläge auf Touristen den eigenen Zielen mehr schaden als nützen. Schon einmal, Anfang der 90er Jahre war der Tourismus erklärtes Ziel islamistischen Terrors. Die Folge war, dass Organisationen wie die Gama al Islamiyya rapide an Ansehen und vor allem Rückhalt in der Bevölkerung verloren. Das gipfelte schließlich im Zusammenbruch und der teilweisen Auflösung der Gama im Jahr 1998. Einflussreiche Terrorfürsten wie der Kinderarzt Aiman al Zawahiri mussten das Land damals fluchtartig verlassen. Er schloss sich später Osama bin Laden an und und ist heute dessen Nachfolger als Chef der Al Qaida.

Die Ereignisse von 1997 und 1998 – also erst die Anschläge von Kairo und Luxor mit insgesamt über 70 Toten und die teilweise Selbstauflösung der Gama im darauffolgenden Frühjahr – bedeuteten allerdings nicht etwa das Ende des Terrorismus. Die Devise hieß schon damals: Jeden Tag ein toter Polizist. Und das wurde auch umgesetzt. Im Westen hat man darüber jedoch kaum etwas erfahren. Das alles zu Zeiten von Hosni Mubarak.

Nun scheint es sich gerade wieder umzudrehen. Was nun einerseits alarmierend scheint, ist die Tatsache, das die Gruppe Ansar Beit al Maqdis, die im Norden des Sinais operiert, gar nicht auf den Rückhalt der Bevölkerung angewiesen ist, wie es vor rund 20 Jahren die Gama al Islamiyya war. Also müssen sie auch keine Rücksicht auf das Geschäft mit dem Tourismus nehmen.

Allerdings lassen die Bekenntnisse der Gruppe auch noch einige andere Schlüsse zu: Offfenbar scheint der Druck der Regierung inzwischen so massiv und offenbar auch so wirkungsvoll zu sein, dass wenigstens eine Organisation zu einem Mittel greift, dass jahrelang tabu war. Außerdem lässt das Ganze auch noch darauf schließen, dass sich die Gruppen untereinander völlig uneins sind. Das könnte sie vielleicht schwächen. Interessant ist allerdings noch ein ganz anderer Punkt: Viele hochrangige Moslembrüder haben selbst viel Geld in der Tourismusbranche stecken. Wenn auf die keine Rücksicht mehr genommen wird, dann könnte es sein, dass die Brüder inzwischen am Ende sind.

Schließlich ein letzter Punkt. Allzu viel ist über Ansar Beit al Maqdis nicht bekannt. Wenn aber nur die Hälfte von dem stimmt, was über die Gruppe kolportiert wird, dann dürfte das Bekenntnis zu dem Anschlag in Taba den einstigen Staatspräsidenten Mohammed Mursi dem Galgen ein gehöriges Stück näher gebracht haben.

Jetzt ist es doch passiert

Vier Tote bei einem Bombenanschlag auf einen Touristenbus bei Taba. Jetzt ist es also doch passiert. In Ägypten wurden Touristen angegriffen. Das dürfte die schwerst notleidende Tourismusindustrie noch tiefer in die Knie zwingen und Wasser auf den Mühlen all jener sein, die schon immer gesagt haben, dass Ägypten ein ganz gefährliches Pflaster für Touristen ist. Jetzt also der Beweis. Ist das so?

Taba liegt an einem ganz neuralgischen Punkt im Nahen Osten. Karte: OpenStreetMap.org

Taba liegt an einem ganz neuralgischen Punkt im Nahen Osten. Karte: OpenStreetMap.org

Taba liegt am Ende des Golfs von Aqaba, unmittelbar an der israelischen Grenze. Hier hat es übrigens den zweitschwersten Anschlag auf Touristen in Ägypten überhaupt gegeben. Bei einem Selbstmordanschlag mit einer Autobombe auf das Hilton-Hotel starben vor zehn Jahren 34 Menschen. Ein Jahr nach dem zweiten Golfkrieg war die Sicherheitslage in Ägypten wie im gesamten Nahen Osten nicht gerade gut. Trotzdem: Der Tourismus lief ganz ordentlich.

Die eigentliche Frage im Zusammenhang mit dem Anschlag vom 16. Februar ist doch: Was bedeutet er? Ist er ein Zeichen dafür, dass der Tourismus nun in die innerägyptischen Machtkämpfe hineingezogen wird? Bedeutet der Anschlag, dass jetzt auch die Tourismuszentren an Roten Meer nicht mehr sicher sind? Betrachten wir einmal die Fakten.

Der Norden des Sinais gilt schon seit langem als nicht mehr kontrollierbar. Terrororganisationen wie Al Qaida oder Dschihad haben sich dorthin zurückgezogen und liefern sich schon seit langem einem blutigen Krieg mit den Sicherheitsbehörden. Die Region ist der Kontrolle der ägyptischen Regierung schon längst entglitten.

Taba liegt nicht in dieser Region – andererseits liegt kein Touristenort in Ägypten näher an den umkämpften Gebieten. Doch das alleine macht Taba noch nicht gefährlich. Die Sicherheitslage ist auch noch deshalb ganz besonders sensibel, weil Taba der Grenze zu Israel so nahe ist. Der nächste Nachbar heißt Eilat – und das liegt bekanntermaßen auf israelischem Gebiet. In dem bereits erwähnten Hilton-Hotel gibt es eine Hintertür, und wenn man durch die das Hotel verlässt, steht man schon in Israel. Schließlich gibt es auch noch einen letzten Punkt, der die heikle Lage von Taba verdeutlicht. Die andere Nachbarstadt von Eilat heißt Aqaba. Die wiederum liegt in Jordanien – und dort leben über 50 Prozent Palästinenser.

Nicht ganz unwesentlich dürfte im Zusammenhang mit dem Anschlag vom Sonntag sein, dass der Bus aus Israel kam. Es ist also durchaus möglich, dass die Bombe, die den Bus zerfetzte, rein gar nichts mit dem Machtkampf zwischen Regierung und Moslembrüdern zu tun hat, sondern dass sie eigentlich Israel galt. Interessanterweise gibt es, bislang wenigstens, kein Bekennerschreiben. Das ist insofern ungewöhnlich, als dass die meisten Attentäter in dieser Region durchaus Wert darauf legen, dass die Welt erfährt, wem sie den Anschlag zu verdanken hat.

Es wird nicht der letzte Anschlag in Ägypten gewesen sein, und es wird bestimmt auch noch eine Weile dauern, bis wieder Ruhe im Land eingekehrt ist. Doch den Terrorakt von Taba als Zeichen für die Verschärfung der Auseinandersetzungen oder gar den Auftakt zu einer Terrorwelle gegen Urlauber zu sehen, ist meiner Meinung nach vefehlt. Angesichts der vier Todesopfer und der 18 Schwerverletzten fällt es schwer, das zu sagen, weil es ein wenig zynisch klingt – aber es ist leider die Wahrheit: Der Anschlag von Taba war nur einer dieser ganz alltäglichen Anschläge, wie sie im Nahen Osten leider Gottes an der Tagesordnung sind.

Der Schock sitzt tief

Es ist gerade mal vier Wochen her, da veröffentlichte ich den Blogeintrag „Sie wollen nur spielen“. Unter anderem ging es dabei um ein Fußballspiel in der ersten ägyptischen Liga. El Gouna empfing den Tabellennachbarn von El Masry. Auch damals sorgten die Ultras der Gäste für Unruhe, als die einen leeren Gästeblock stürmten. Dass es jetzt aber soweit kommt, hat mich tief schockiert. In der Rückschau scheint die Wortwahl nun unangemessen flapsig. Doch wer kann so etwas schon voraussehen? Würde ich alle Möglichkeiten und Eventualitäten einkalkulieren, gäbe es hier keinen Platz mehr für ironische Zwischentöne und sarkastische Seitenhiebe.

Die Ultras von El Masry fielen schon beim Spiel in El Gouna Anfang Januar auf. Aber haben sie auch den Angriff auf die Al-Ahly-Fans zu verantworten?

Trotzdem – kam das wirklich so überraschend? Es gibt einige bemerkenswerte Tatsachen im Vorfeld der Katastrophe von Port Said, die niemand außer acht lassen darf. Fußball ist in Ägypten seit jeher eine hochemotionale Angelegenheit. Die Spiele zwischen den Kairoer Vereinen Al Ahly und Zamalek gehören zu den brisantesten Begegnungen überhaupt. Für das Lokalderby der ersten Liga werden regelmäßig ausländische FIFA-Schiedsrichter eingeflogen. Schwere Auseinandersetzungen zwischen beiden Fan-Gruppen sind fast an der Tagesordnung.

Im Vorfeld der Fußball-WM in Südafrika gab es im Oktober und November 2009 zwei Qualifikationsspiele gegen Algerien. Nach dem Spiel in Kairo war ein Entscheidungsspiel auf neutralem Boden notwendig geworden. Bereits in Kairo war es zu schweren Auseinandersetzungen gekommen. Die wiederholten sich im sudanesischen Omdurman. Beide Länder behaupteten später, das es bei den Fußballkrawallen jeweils auf der eigenen Seite Tote gegeben habe. Bewiesen ist das bis heute nicht.

Seit dem Beginn der Arabellion ist die Zahl der Spielabbrüche in der ersten ägyptischen Liga sprunghaft angestiegen – und das, obwohl die Polizei nun viel massiver präsent ist, als zuvor. Allerdings ist es auch eine schwer zu leugnende Tatsache, dass sich die Polizei seit Ausbruch der Revolution schnell verkrümelt, wenn es zu heiß wird – um dann auch machmal wieder in Zivil zu erscheinen, wie das heute vor einem Jahr bei der sogenannten Kamelschlacht der Fall war. Es sollen Polizisten gewesen sein, die sich damals aus den Ställen vor den Pyramiden Pferde und Kamele besorgt haben, um dann mit Knüppeln, Latten und Säbeln bewaffnet im Galopp durch die Menge auf dem Tahrir zu reiten.

Damals standen die treusten Fans von Al Ahly in den vordersten Reihen der Demonstranten. Dass es am Vorabend des Jahrestages der Kamelschlacht zu einer Abrechnung im Stadion gekommen sein könnte, ist ganz und gar nicht ausgeschlossen. Ob es wirklich minutiös geplante Attacke der alten Mubarak-Kader war wird sich allerdings erst noch weisen müssen.Warnungen, Drohungen und Hinweise hat es im Vorfeld jedenfalls gegeben.

Vielleicht wird der ein oder andere, angesichts von über 70 Toten (angeblich schweben 170 Verletzte noch in Lebensgefahr), sagen, dass es doch völlig unerheblich ist, ob der Angriff einen politischen Hintergrund hat, oder ob die El-Masry-Ultras einfach durchgedreht sind. Allerdings pflegt man einen 3:1-Sieg über die erfolgreichste Mannschaft des Kontinents eher nicht mit dem Niedermetzeln deren Fans zu feiern. Doch die Antwort auf gerade diese Frage ist für das Land ungemein wichtig. Wenn der Demokratisierungs- und Neuordnungsprozess in Ägypten auf diese Weise torpediert werden sollte, dann reicht die Bedeutungsschwere weit über 70 Menschenleben hinaus. Dann ist es eine Frage der Zeit, wann das alte Regime das nächste Mal zuschlagen wird und eine Frage, in welchem Gewand die Mubarak-Schärgen dann auftauchen werden.

Bereits jetzt glauben nicht wenige Ägypter daran, dass die Anschläge 1997 in Luxor, 2004 in Taba und 2005 in Sharm el Sheik gar nicht auf das Konto von Gamaa al Islamiyya und Al Khaida gingen, sondern ebenfalls vom ehemaligen Regime inszeniert worden sind. Das zeigt, wie weit die Verschwörungstheorien inzwischen gediehen sind. Lässt sich tatsächlich nachweisen, dass die Krawalle in Port Said aus politischen Gründen in Szene gesetzt wurden, dann wird das noch mehr Unruhe und Misstrauen in das Land tragen.

Auf dem langen und steinigen Weg zu geordneten Verhältnissen ist Ägypten am Abend des 1. Februar wieder zurückgeworfen worden. So viel steht leider fest.

Noch zwei Beiträge aus der Süddeutschen online:

Die Polizei stand einfach da und hat zugeschaut

Wir werden nie wieder Fußball spielen