Was hat das mit Fußball zu tun?

Die Stadionkatastrophe von Port Said ist knapp zehn Monate her. Noch immer wird in der höchsten Ägyptischen Liga kein Fußball gespielt. Eigentlich war im Oktober geplant, den Spielbetrieb wieder aufzunehmen. Doch daraus ist dann auch nichts geworden. Zwar war im September noch der Supercup ausgetragen worden, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit und erheblicher Proteste der Fans. Nach dem Massaker, das dem Spiel El Masri gegen Al Ahly folgte und bei dem 74 Menschen starben, hatten die Spieler des erfolgreichsten afrikanischen Fußballvereins bekundet, nie wieder Fußball spielen zu wollen. Nun ist eine Ägyptische Liga ohne Al Ahly ebensowenig denkbar, wie eine Erste Bundeliga ohne Bayern München. Die meisten anderen Vereine wären ja schon gerne wieder angetreten, doch vor allem die Fans des Kairoer Vereins haben eine Aufnahme des Spielbetriebs bislang verhindert. Auch der Club selbst verlangt eine lückenlose Aufarbeitung des Geschehens am 1. Februar im Stadion von Port Said. Am 17. April waren in Kairo 75 Personen vor Gericht gestellt worden – im gleichen Saal, in dem auch gegen Hosni Mubarak verhandelt wurde.

Die Ultras von El Masri (hier beim Spiel in El Gouna), richteten am 1. Februar ein Massaker im Stadion von Port Said an. Mit der juristischen Aufarbeitung tun sich die betroffenen Fans von Al Ahly schwer. Foto: psk

Doch das reicht Al Ahly und seinen Fans nicht. Sie glauben, dass das Gericht nicht aufgeklärt, sondern vertuscht und Sündenböcke gesucht hat. Der Verdacht kommt nicht von ungefähr. Tatsächlich ist die Justiz – um es höflich auszudrücken – der Revolution sehr zögerlich gefolgt. Gefolgsleute des alten Regimes wurden häufig sehr milde, wenn überhaupt verurteilt. Die schrillen Proteste nach den Urteilen gegen Hosni Mubarak und seine engsten Vertrauten sind ja noch immer in den Ohren. Dass der alte Pharao zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, erregte die Gemüter weniger, als die Freilassung seiner beiden Söhne Alaa und Gamal.

Das Justizsystem war während der Revolution durchaus immer wieder mal Ziel von Protesten und Demonstrationen. Insofern wirkt es auf den fernen Betrachter dann auch wieder ein wenig bizarr, wenn diejenigen, die vor noch nicht all zu langer Zeit gegen Richter auf die Straße gegangen sind, denen eine zu große Nähe zum untergegangenen Regime nachgesagt wurde, nun den Untergang Ägyptens heraufbeschwören, weil Mursi eben dieses Justizsystem ausgehebelt hat.

Ja, Mohammed Mursi hat die Gewaltenteilung, die Grundlage einer jeden funktionierenden (westlichen!) Demokratie ist, kurzerhand zerlegt. Das sollte man nicht tun, wenn man als aufrechter Demokrat durchgehen will. Er hat ja nicht nur die Justiz kastriert, sondern auch noch die Legislative „eingehegt“. Natürlich hat er das Parlament, in dem seine Freunde von der Moslembruderschaft das Sagen haben, vor der vorzeitigen Auflösung zunächst bewahrt. Aber auch das Parlament hat Säkulare, Kopten und Liberale schier zum Wahnsinn getrieben. Eigentlich müssten doch alle froh sein, dass die in ihrem Schutzgebiet ungestört wirre Reden halten können.

Ja, Mohammed Mursi hat jetzt mehr Macht auf sich vereinigt, als Hosni Mubarak je hatte. Jetzt muss er sich nur noch eine Pyramide bauen und anbeten lassen, dann ist er tatsächlich einem Pharao gleichzusetzen. Aber will er das denn wirklich? Heute ist er zum Beispiel schon wieder mal zurückgerudert. Er verhandelt mit dem Richterrat und verspricht, seine angemaßten Vollmachten wieder zurückzugeben. Man mag ihm das glauben oder nicht. Aber was ist denn die Alternative? Nach meinem Blogbeitrag am Freitag habe ich den einen oder anderen offenbar irritiert, weil ich scheinbar der Diktatur das Wort geredet habe. Nein, mir wäre es auch lieber, wenn sich der Präsident an demokratische Gepflogenheiten halten würde. Aber das Land braucht schnelle, präzise und sehr umfassende Entscheidungen. Die sind weder mit diesem Parlament, noch mit dieser Justiz zu bekommen. Und die Probleme, die von außen auf Ägypten hereinprasseln werden, werden wohl kaum so freundlich sein und erst einmal warten, bis sich Ägypten im Inneren sortiert hat. Ich seh das auch mit Bangen und ziemlichem Herzklopfen, was Mursi da treibt. Ein gewagtes Spiel ist es allemal. Aber gibt es eine andere Alternative? Wenn nicht Gott oder Allah ein Wunder tut und über Nacht alle Ägypter zu Konsenzdemokraten geworden sind, dann gibt es wohl gar keine andere Option. Da gibt’s vielleicht nur eins: Augen zu und durch – und hoffen, dass er sein Versprechen einhält und seine Macht nach den Parlamentswahlen auch wieder zurückgibt. Ich persönlich bin sehr geneigt, ihm zu glauben. Im Übrigen halte ich die Proteste gegen Mursi auf dem Tahrir-Platz für durchaus legitim und hoffenlich hilfreich. Sozusagen als kleine Gedächtnisstütze für den Präsidenten…

Da ich mich ja bereits am Freitag bei allen aufrechten Demokraten völlig diskreditiert habe, will ich an dieser Stelle an eine Einrichtung in der Römischen Republik erinnern. Wenn es um die Republik ganz schlimm stand, wurde den beiden Konsulen mit den Worten: „Videant consules, ne quid detrimenti capiat res publica“ auf Zeit diktatorische Macht übertragen. „Die Konsulen mögen dafür Sorge tragen, dass dem Staat kein Schaden entstehe.“

Der Untote

Es ist schon ziemlich krass: Da wird Hosni Mubarak gestern Abend für tot erklärt und der Militärrat erweckt in quasi wieder zum Leben. Das erinnert so ein wenig an die Zeiten in der Sowjetunion, wo man den Tod des Generalsekretärs der KPdSU zunächst auch einmal verschwieg. Allerdings hatte das damals den Sinn, dass sich die KP auf eine Nachfolgeregelung einigen konnte. Aber was soll das jetzt? Mubarak hatte doch nach dem Urteil vor drei Wochen gerade mal noch die Rolle eines Sündenbocks. Und die soll er nun komplett komatös bis zum St. Nimmerleinstag spielen? Spätestens jetzt ist ja klar, was seit Wochen und Tagen offensichtlich ist. Das Militär will die Kontrolle nicht abgeben, die Verantwortung aber nicht übernehmen.

Steht Ägypten vor dem Untergang? Vielleicht ja nicht. Aber dem Land steht das Wasser zumindest bis zum Hals.

Dabei könnte man, wenn man gutwillig wäre, sich alles positiv zurecht drehen. Dass das Verfassungsgericht das Parlament für unzulässig erklärt hat, weil ein Drittel der für Unabhängige bestimmten Sitze ein „Raub“ der Moslembrüder wurde, ist juristisch gesehen richtig und demokratisch vielleicht ein Gewinn. Nur zur Erinnerung: Es ist erst ein paar Wochen her, dass in Schleswig-Holstein der Landtag neu gewählt werden musste, weil das Wahlgesetz nicht der Verfassung entsprochen hat. Allerdings hat nach dem Urteil niemand den Landtag verrammelt. Der Militärrat hat das Parlamentsgebäude immerhin gleich mal versiegeln lassen.

Die Zulassung von Shafik zum zweiten Durchgang bei den Präsidentschaftswahlen sah zwar aus wie ein Kotau vor den Militärs, ist aber nur logisch, wenn dem Parlament die Legitimation abgesprochen wird. Das Gesetz, das Shafik von der Wahl ausgeschlossen hätte, stammte ja eben von diesem Parlament.

Das Verfassungsgericht hat also in beiden Fällen durchaus korrekt entschieden. Doch was dann passierte, ist der eigentliche Staatsstreich. Der Militärrat nutzte beide Entscheidungen aus, um sich wieder die komplette Macht zu sichern. Worum es ihm in Wirklichkeit geht, machte er mit dem Eingriff ins Etatrecht überdeutlich, jenem Recht, das in jeder vernünftigen Demokratie als das „Königsrecht“ gilt. Danach hat keine demokratisch legitimierte Institution das Recht, Einblick in den Militärhaushalt zu nehmen – den das Militär im übrigen selbst bestimmt. Es geht also um den Staat im Staat.

Das bizarre Schauspiel um den sterbenden Pharao ist so verräterisch. Warum wollen die Militärs nicht, dass der 84jährige jetzt endgültig von den Bühne des Lebens abtritt? Offenbar glauben sie ja noch immer, sich hinter ihm und seinen Untaten verstecken zu können. Dabei war Mubarak immer einer der ihren. Er selbst war übrigens auch nicht korrupter als sie – korrupter war wohl nur seine Familie. Wenn sie Mubarak noch länger am Leben erhalten wollen, dann entlarvt das am Ende doch nur ihr eigenes schlechtes Gewissen. Es scheint so, als ob sie meinen, diesen Sündenbock noch nötig zu haben. Und das kann alles sehr lange gehen. Mubaraks gleichalter ewiger Widersacher, der einstige israelische Premier Ariel Scharon liegt seit sechseinhalb Jahren im Koma.

Im Moment scheint mir die Situation in Ägypten wieder einmal sehr verfahren. Angeblich sollen die USA hinter den Kulissen „sanften Druck“ auf die Empfänger von 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe im Jahr ausüben. Das muss allerdings nichts gutes verheißen, denn dieser „sanfte Druck“ hat ja nicht mal den fragwürdigen Prozess gegen den Sohn eines US-amerikanischen Ministers verhindert. Aber es ist ja nicht das erste Mal seit Ausbruch der Revolution, dass Ägypten scheinbar vor unlösbaren Problemen steht.

Eigentlich läge die Lösung auf der Hand. Wenn irgendjemand dem Militär verspricht, dass es seine Nudelfabriken, Mineralwasserabfüllanlagen, seine Tankstellen und Ferienclubs behalten darf, dann wird in Ägypten sofort die blühende Demokratie ausbrechen. Das würde in der Tat einen zweiten Staat im Staat erfordern.

Historisch verzockt

Das war aber clever gemacht, war meine erste Reaktion, als ich vom Urteil gegen Hosni Mubarak erfuhr. Er bekommt lebenslang, was nach menschlichem Ermessen ja so lange nicht mehr dauern kann. Er wird nur wegen den Schüssen auf dem Tahrir verurteilt, nicht aber wegen Korruption. Das, so folgerte ich nun messerscharf, musste ja bedeuten, dass alle Korruptionvorwürfe auf seine Söhne Gamal und Alaa zurückfallen würden, auf Gamal wohl mehr als auf Alaa. Und dann kam der Hammer: beide Söhne durften das Gericht in Kairo als freie Männer verlassen.

Viel ist in den letzten Tagen darüber diskutiert worden, ob die erste Runde der Präsidentschaftswahlen Ägpten der Demokratie näher gebracht hat, oder ob die Wahl zwischen einem konservativen Moslembruder und einem Repräsentanten des Ancien Régime nicht ein gewaltiger Rückschritt sei. Regelmäßige Leser dieses Blogs werden meine Meinung dazu kennen. Das Urteil in Kairo war jedoch vermutlich der schwerste Schlag, der der Demokratie und Rechtsstaatbewegung in Ägypten bislang zugefügt wurde. Das Urteil gegen den ehemaligen Staatspräsidenten ist okay, ja es ist sogar historisch, weil erstmals in der arabischen Welt ein ehemaliger Herrscher von seinem Volk für sein Tun zur Rechenschaft gezogen wurde. Die Strafe war weise gewählt. Einerseits verhindert sie die märtyrerhafte Verklärung Mubaraks durch seine noch immer mächtigen Anhänger, andererseits entspricht des auch dem Gerechtigkeitsgefühl der Mehrheit der Ägypter. Sicher gibt es einige, die den 84jährigen gerne hätten hängen sehen. Doch das hätte die Unruhe im Land nur noch weiter verstärkt.

Das Urteil über die Söhne indes wird dem Land noch weh tun. Durch den faktischen Freispruch haben viele Ägypter ihr gerade aufkeimendes Vertrauen in eine faire und unabhängige Justiz verloren. Vor allem wird im Land nun wieder die Angst wachsen. Jeder erinnert sich daran, dass es die Thugs, die bezahlten Schläger waren, die während der Kamelschlacht auf dem Tahrirplatz ein Blutbad anrichteten. Die Bilder vom den verheerenden Jagdszenen im Fußballstadion in Port Said, dem rund 100 Fußballfans zum Opfer fielen, sind noch frisch. Auch hier floss im Vorfeld viel Geld.

Ägypter haben eine gewisse Neigung zu Verschwörungstheorien. Aber der Zusammenhang zwischen Geld und Gewalt ist in diesem Land leider auch unbestreitbar. Nach dem Freispruch wird die Befürchtung wachsen, dass es nun noch öfter zu unerklärlichen Gewaltausbrüchen kommen könnte, die nur den einen Zweck haben: Das Land zu destabilisieren.

Und dann gibt es da noch einen wirtschaftlichen Aspekt. Viele Ägypter haben gehört, dass die Familie Mubarak in der Schweiz 85 Milliarden gebunkert habe. Die Währung spielt dabei keine Rolle, für die einen sind es US-Dollar, für die nächsten Schweizer Franken, andere sprechen von Euro und die, die Pfund sagen, meinen damit sicher nicht Ägyptische. Da dieses Geld inzwischen eingefroren ist, gibt es eine erkleckliche Anzahl Ägypter, die tagtäglich auf dem Besuch vom Geldpostboten warten, der ihnen nun einen Umschlag mit 1000 irgendwas drin überreicht, mit herzlichen Grüßen von der Familie Mubarak an das betrogene Volk. Natürlich wird das nicht passieren. Doch mit dem Freispruch von Gamal und Alaa entsteht logischerweise die Befürchtung, dass sich die Mubaraks das Geld irgendwie wieder unter den Nagel reißen, Geld, das eigentlich dem Volk zustünde.

Schließlich gibt es noch einen anderen Punkt. Das ist das Signal, das an ausländische Unternehmen gesendet wurde. Jedes große ausländische Unternehmen, von Mövenpick bis Vodafone, musste seinen Anteil in Form von Beteiligungen an Gamal abgeben. Sollte er die noch haben, dann wird er nach wie vor ein mächtiger Mann sein. Schlimmer ist jedoch die Tatsache, dass es sich manches Unternehmen jetzt noch einmal gut überlegen wird, nach Ägypten zu gehen, wenn dort die alten Seilschaften fröhliche Urstände feiern.

Bleibt die Frage, ob und wie das Urteil von Kairo die Stichwahlen in zwei Wochen beeinflussen könnte. Geht die allgemeine Einschätzung dahin, dass dieser Spruch ein Sieg für das alte System war, dann wird das die Aussichten für den ehemaligen Premierminister Shafik deutlich schmälern. Sollte es allerdings zu dramatischen Gewaltausbrüchen mit mehreren hundert Toten kommen, dann könnte Shafiks Wahlkampfparole, „wieder für Ordnung zu sorgen“, am Ende vielleicht sogar noch aufgehen.

Eigentlich ist es traurig: Da hat das Gericht ein wirklich historisches Urteil gefällt und mit den Urteilen für die Mitangeklagten den ganzen Erfolg wieder verzockt.

Der alte Mann und das Bett

So – jetzt ist es zumindest von staatsanwaltlicher Seite amtlich. Sie hat heute im Prozess gegen Hosni Mubarak die Todesstrafe gefordert. Und außerdem sollen noch der Ex-Innenminister Habib al-Adli und vier weitere Männer aus diesem Umfeld an den Galgen. Was Hosni Mubarak davon mitbekommen hat, ist nicht so ganz klar. Laut Nachrichtenlage hat ihm sein Sohn Gamal pausenlos ins Ohr gequasselt. Immerhin saß der Papa diesmal aufrecht in seinem Krankenbett.

Dass die Staatsanwaltschaft die Todesstrafe fordern würde, war keine große Überraschung mehr. Sie hatte das ja angekündigt. Die Frage ist letztlich, ob er wirklich zum Tode verurteilt wird, und dann stellt sich weiterhin die Frage, ob er auch wirklich hingerichtet wird. Wenn meine Informationen richtig sind, dann wäre eine Hinrichtung ein glatter Gesetzesverstoß, weil nämlich in Ägypten niemand hingerichtet werden darf, der so alt ist. Wenn aber Mubarak zum Tode verurteilt, jedoch nicht hingerichtet – mithin zu lebenslänglich „begnadigt“ würde, dann würde das vermutlich ziemlich genau die Befindlichkeit der meisten Ägypter treffen. Bilder wie damals im Irak, als die Hinrichtung Saddam Husseins heimlich mitgefilmt und dann ins Internet gestellt wurde, will in Ägypten keiner sehen und auch nicht solche wie in Libyen, wo die letzten Lebensminuten von Gaddafi auf Video aufgezeichnet wurden.

Wo die genaue die Altersgrenze liegt, kann ich nicht sagen. Aber es ist denkbar, dass sie  dann den 74jährigen Habib al-Adli nicht mehr schützt. Nicht wenige Ägypter glauben, dass er zu Recht hängen würde. Ihm werden nicht nur die rund 850 Toten auf den Tahrir-Platz zu Last gelegt. Er soll auch der Drahtzieher des Anschlages auf die Al Qiddissine-Kirche in Alexandria gewesen sein, bei dem am Neujahrstag 2011 insgesamt 23 Menschen ihr Leben verloren. Und das ist nicht alles. Al-Adli steht sogar noch im Zentrum einer weitaus schlimmeren Verschwörungstheorie. Am 17. November 1997 tötete ein Kommando der Terrororganisation Gamaa al Islamiya 68 Menschen am Hatschepsut-Tempel. Daraufhin wurde Habib al-Adli zum Innenminister berufen, mit dem klaren Auftrag, einen angeblich unmittelbar bevorstehenden islamistischen Aufstand niederzuschlagen. Inzwischen wird offen darüber spekuliert, ob dieser Anschlag nicht möglicherweise auch von al-Adli inszeniert worden ist, um dadurch auf den Posten des Innenministers zu gelangen.

Das alles sind nur die üblichen Verschwörungstheorien, die derzeit in Ägypten an allen Ecken und Enden ins Kraut schießen? Nun – erst letzte Woche wurden zwei Bankiers festgenommen, denen zur Last gelegt wird, Schläger dafür bezahlt zu haben, dass sie das Chaos und das Gemetzel im Stadion von Port Said anrichten. Ihr Auftraggeber soll kein geringerer als Gamal Mubarak gewesen sein, der jüngste Sohn des Ex-Präsidenten.

Gamal Mubarak und sein Bruder Alaa sitzen auch hinter Gittern. Ihnen wird in erster Linie Korruption vorgeworfen. Dafür wird man in Ägypten nicht gleich aufgehängt. Sollten sich die Aussagen der beiden verhafteten Bankiers jedoch bestätigen, dann zieht sich die Schlinge um den Hals des Präsidentensohnes verdammt eng zu.

Einen einsamen, bettlägrigen Ex-Präsidenten, der an jedem Verhandlungstag in seinem Krankenbett hereigeschoben wird, und der eigentlich ein Bild des Jammers bietet, will auch in Ägypten niemand hängen sehen. Bei einem durch und durch korrupten smarten jungen Mann liegen da die Befindlichkeiten vielleicht ein wenig anders.

Am Ende könnte es vielleicht darauf hinauslaufen, dass zwei Personen für Mubarak hängen müssen – al-Adli und später vielleicht noch sein Sohn Gamal. Aber noch besser wäre es vielleicht, wenn Ägypten gleich ganz auf die Todesstrafe verzichten könnte – und am besten noch sofort damit anfangen würde.